"Spielzeugfreier Kindergarten"
Die Gruppe 2 des Übungskindergartens Hartberg mit Kindergärtnerin Petra Ostermann und Kindergartenhelferin Klara Pesendorfer setzt heuer in der Fastenzeit ein besonderes Zeichen - den "spielzeugfreien Kindergarten"
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"Du, Tante Petra, wo solln mir spüln? Mir findn nix!" Mit dieser Frage kam Diana zu mir. "Vielleicht mögt ihr etwas zeichnen oder mit den Puppen spielen?", meinte ich. Darauf Diana: "Na, mir brauchn an Plotz mit nix, wo mir mit Leit spüln kinnan!" |
Diese Aussage der Fünfjährigen gab mir zu denken. Sie brauchte "einen Platz mit nix" also einen Freiraum ohne Spielangebote. Einen Platz, den sie mit ihren Freundinnen selber beleben und gestalten konnte. |
Tatsächlich hatte ich schon mehrmals beobachtet, daß trotz des vielfältigen Spiel- und Beschäftigungsangebots in der Gruppe das Spiel der Kinder nicht so richtig in Gang zu bringen war. Am liebsten halfen die Kinder bei alltäglichen Tätigkeiten wie Blumen gießen, Tisch decken, aufräumen und dgl. mit. Auch konnten sie sich stundenlang mit Tüchern und Decken beschäftigen. Da entstand die Idee, die Gruppe eine Zeit lang "spielzeugfrei" zu machen.
Das Anliegen, welches ich mit dieser mehrwöchigen Aktion verfolge ist, den Kindern die Möglichkeit zu geben, selbst aus eigenen, schöpferischen Kräften heraus kreativ zu werden. Die Kinder sollen in dieser Zeit besondere Chancen haben, aktiv mitzugestalten, sich selber als Erfinder und Erschaffer ihrer (Spiel-)welt zu erleben, und dabei ganz sie selber sein dürfen. |
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Darüberhinaus sehen wir die "spielzeugfreien" Tage in der Gruppe als unseren Beitrag zur Fastenzeit. Die Kinder sollen bewußt erleben, daß zeitweiliger Verzicht ein Ding, das man gerne hat oder eine Tätigkeit, die man gerne tut, wertvoller macht. Auch die Erfahrung, daß es nicht immer alles gibt, erscheint mir wesentlich. Am ersten Tag unserer "spielzeugfreien" Tage kam eine Mutter und sagte: "Ach, da ist eh noch etwas zum Beschäftigen im Gruppenraum. Ich hab geglaubt, es ist heute alles leer bei euch!" |
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"Spielzeugfrei" heißt nicht "beschäftigungslos". Vielmehr haben wir gemeinsam mit Kindern und Eltern Materialien gesammelt, die sich hervorragend zum kreativen Spiel eignen: 500 Joghurbecher, 300 Klorollen, 2000 Bierkapseln, viele Dosen, Schachteln, Decken, Polster, viel wertloses Bastelmaterial usw.. Bücher und Puppen blieben ebenfalls im Gruppenraum. |
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Durch Gespräche, Geschichten und einem Beitrag in der Elternzeitung wurden die Kinder und die Eltern gut auf diese Zeit vorbereitet und zur Mithilfe angeregt. Die ersten "spielzeugfreien" Tage liegen schon hinter uns. Ich bin begeistert von den vielen Ideen, die die Kinder haben und kreativ umsetzen. Voller Neugierde und Tatendrang entdecken sie täglich Neues. |
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Besonders beliebt ist der große Bereich, in dem die Kinder nach eigenen Vorstellungen basteln können. So haben wir in den ersten 2 Tagen bereits 150m Tixo in versch. Größen, 7 Tuben Uhu, 100m Spagat und 5kg Papier verarbeitet. Von den Erfahrungen der ersten Zeit ausgehend würde ich diese Aktion jederzeit wieder einplanen. Den Kindern die Möglichkeit bieten, seine Talente zu entdecken, sich selbst zu verwirklichen und dabei ganz bei sich selber zu sein legt den Grundstein für ein selbstbewußtes, mündiges und erfülltes Leben. Oder mit den Worten K.Guggenheims gesagt: "Gestalten braucht Zeit. Gestalten heißt reifen." |